In einer Zeit, in der Technologie rasant voranschreitet und sich die Art und Weise, wie wir Werbung konsumieren, ständig verändert, stehen sowohl Publisher als auch Advertiser und Technologieanbieter vor immer komplexeren Herausforderungen. Besonders die Integration von künstlicher Intelligenz (AI) hat einen immer größer werdenden Einfluss darauf, wie Unternehmen werben und wie Werbung wahrgenommen wird. Gleichzeitig stehen Werbetreibende vor einer zunehmenden Fragmentierung des Marktes, die es schwieriger macht, die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erlangen.
Wie Unternehmen inmitten dieser Fragmentierung ihren Platz in der Werbelandschaft behaupten können, welche Trends und Entwicklungen sie im Auge behalten sollten und welche Möglichkeiten der Vorbereitung auf den Einsatz neuer Technologien haben, erklärt Virtual Minds CTO und Adtech-Experte Tom Peruzzi im Interview.
Welche Auswirkungen haben die jüngsten Fortschritte in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Machine Learning auf die Entwicklung und Effektivität von Werbeplattformen und wie könnten diese Technologien in Zukunft genutzt werden, um personalisierte Werbung zu verbessern?
Tom Peruzzi: „Bei Virtual Minds arbeiten wir schon lange im Stillen mit maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz, vor allem bei Themen wie Datenverarbeitung, Twinning oder Lookalike Modelling. Zudem ist im Allgemeinen der vermehrte Einsatz von AI in Bereichen der kreativen Arbeit, wie beispielsweise dem Verfassen von Texten und Slogans, aber auch bei der Erstellung von Bildmaterial klar zu erkennen. Wir glauben, dass besonders innerhalb der Inventar-Nutzung (Stichwort: Forecasting), aber auch bei der Monetarisierung, wenn es darum geht, Kunden so viel wie nötig und so genau wie möglich zu erreichen, der richtige Einsatz künstlicher Intelligenzen sehr wertstiftend sein kann. Dabei sollte jedoch immer eines beachtet werden: Machine Learning oder auch Künstliche Intelligenz sind sehr ressourcenintensive Technologien, daher gilt es immer abzuwägen, ob der Mehrwert im Sinne der Nachhaltigkeit gerechtfertigt ist.“
Wie wird sich die fortschreitende Fragmentierung des Marktes auf die Effektivität von Werbung und die Arbeit von Adtech-Unternehmen auswirken?
Peruzzi: „Die Fragmentierung sorgt dafür, dass Vertreter des Open Internet darauf drängen, in die Plattformen zu kommen, während die Plattformen gleichzeitig ins Open Internet strömen. Und das ist leider kein ausbalanciertes und faires Spiel, besonders weil dieser Zustand auf Kosten des Ökosystems geht. Diese Situation müssen wir jedoch noch ein paar Jahre tragen müssen. Zu beachten gilt es jedoch immer – und zwar von Allen – dass Cross-Publishing bzw. Cross-Angebote sowie die Messung und Auslieferung immer im Sinne der Werbekunden erfolgen muss.
Wir sehen, dass der Trend zu Omni-Channel-Werbung immer weiter zunimmt, insbesondere wenn es um kanalübergreifendes Storytelling geht.
Tom Peruzzi, CTO Virtual Minds
Wie kann personalisierte Werbung in einer Weise umgesetzt werden, die den Bedürfnissen der Verbraucher gerecht wird?
Peruzzi: „Die personalisierte oder pseudonymisierte direkte Ansprache ist in der Exzellenz-Ansicht die höchste Kunst, insofern man sie im Einklang mit Datenschutz und Verbraucherinteressen bedienen kann. Diese Ansprache ist auch sinnvoll, denn so genau und gut dosiert wie möglich zu werben und dabei interessen-konform zu bleiben, ist im Sinne aller Marktakteure: Advertiser wollen effizient und direkt ansprechen, Publisher zielen darauf ab ihr Inventar gut und sinnvoll zu pflegen und Verbraucher möchten keine atypische und irrelevante Werbung sehen. Und die Werbung, die sie sehen, soll möglichst unaufdringlich sein und sich nicht wiederholen.“
Welche Trends und Entwicklungen zeichnen sich im Bereich des programmatischen Werbemarktes ab?
Peruzzi: „Wir sehen, dass der Trend zu Omni-Channel-Werbung immer weiter zunimmt, insbesondere wenn es um kanalübergreifendes Storytelling geht. Solange es die Rahmenbedingungen zulassen, ist auch die Dosierung von Werbung und Verbraucheransprache ein wichtiges Thema – mehr ist eben nicht immer besser. Wir sehen auch, dass das Thema Nachhaltigkeit immer relevanter wird und das ist etwas sehr Gutes. Nachhaltigkeit ist für alle Unternehmen essenziell, da sie sicherstellt, dass gegenwärtige Bedürfnisse befriedigt werden, ohne die Fähigkeit kommender Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Durch ein verantwortungsbewusstes Ressourcenmanagement sichert sie zudem den langfristigen Erfolg von Unternehmen und kann die Position am Markt durch positivere Reputation stärken. Gesetzliche Anforderungen und Mitarbeiterengagement sind weitere Schlüsselfaktoren, die Nachhaltigkeit zu einer strategischen Notwendigkeit machen.”